IN KÜRZE: Die Abschaffung der schriftlichen Schlussprüfung wurde erstmals am 1. Juli 2021 – ein Jahr vor der Verbreitung von ChatGPT – im Rahmen des Reformprozesses durch die Beratungsfirma INTERFACE in die Diskussion eingebracht. Wie dieser Diskussionspunkt zum Reformziel wurde, bleibt weitgehend ungeklärt, da in den Vernehmlassungsunterlagen keine Begründung für den Beschluss vorliegt. Ebenso wenig lässt sich nachvollziehen, weshalb die schriftliche Arbeit auf 50 % der Abschlussnote aufgewertet werden soll, da von der Sitzung am 11. Mai 2023, in der die neuen Verordnungsartikel zum Qualifikationsverfahren besprochen wurden, keine Protokolle existieren. Unklar bleibt auch die Entstehung der Musterstellungnahme der Schweizerischen Berufsbildungsämterkonferenz (SBBK).
Basis der Reform bildet der durch die Firma INTERFACE erstellte Bericht "Review Allgemeinbildung". Er umfasst insgesamt 129 Seiten und wurde am 14. März 2021 fertiggestellt. Darin sind keine Hinweise zu finden, die für eine Abschaffung der Schlussprüfung sprechen.
Die Schlussfolgerungen aus dem Review "Allgemeinbildung 2030" wurden zur Neugestaltung des Qualifikationsverfahrens in der "Diskursgruppe 2 - Workshop II" am 1.7.2021 besprochen.
In dieser Diskursgruppe kam die Abschaffung der Schlussprüfung erstmals zur Sprache.
Den Vorschlag zur Abschaffung der Schlussprüfung brachte die Beratungsfirma INTERFACE ein.
Die Vertretungen der pädagogischen Expertise (PHZH, EHB, PHSG) begrüssten die Abschaffung.
Die Co-Projektleitung arbeitete auf Basis der Fazits aus den Gesprächen die Grundsätze für die Revision aus und formulierte die Reformziele. Diese wurden der TBBK am 19.8.2021 vorgestellt.
Die durch die TBBK nur leicht angepassten Grundsätze für die Revision wurden an der Herbsttagung vom 23.11.2021 erstmals der Öffentlichkeit (online, da Corona-Pandemie) vorgestellt.
Folie 13 der "Grundsätze der Reform" offenbart der Öffentlichkeit erstmals, dass die Schlussprüfung wegfallen soll und Standards für die Erfahrungsnoten (Semester- oder Jahresprüfungen) erarbeitet werden.
Die Artikel im Verordnungsentwurf, welche das Qualifikationsverfahren betreffen, wurden in den Begleitgruppensitzungen vom 11.05.2023 und vom 30.8.2023 diskutiert.
Für diese beiden Sitzungen wurden jedoch keine Gesprächsprotokolle erstellt.
25.3.2021 - Vernehmlassungsbeginn
Mit dem Vernehmlassungsbeginn wird die neue Verordnung (nVMAB) und der neue Rahmenlehrplan (nRLP) der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In der neuen Verordnung fehlt Art. 11 (Bild links)
ersatzlos.
Der Wegfall wird im "Erläuternden Bericht" nicht begründet.
Die SBBK veröffentlicht eine Musterstellungnahme an die Kantone und Ämter, verabschiedet durch den SBBK-Vorstand am 6. Mai 2024 (Zirkularbeschluss).
Wer die Musterstellungnahme verfasste, ist nicht bekannt. In den Protokollen der SBBK ist auch kein Hinweis dazu zu finden, dass der Vorstand der SBBK die Musterstellungnahme je
diskutierte.
Anfrage an den Bundesrat von Nationalrätin Nina Fehr-Düsel (SVP).
Interpellation von Nationalrätin Regina Durrer (Die Mitte).
Interpellation von Nationalrätin Roth Pasquier Marie-France (Die Mitte).
Der Schweizerische Verband für Allgemeinbildung (SVABU) unterstützt in seiner Stellungnahme die Abschaffung der Schlussprüfung.
Der Verband reichte zwei Stellungnahmen an den Bund ein; eine bestehend aus Mitgliedervoten, die andere aus den Haltungen des Vorstands. Die Stellungnahme der Mitglieder ist auf der
Verbandswebsite nicht ersichtlich.
1.7.2024 - Vernehmlassungsende
Den Bund erreichten per 1.7.2024 rund 130 Stellungnahmen.
Die Kantone Bern, Obwalden, Schaffhausen, Schwyz, Uri, Neuenburg, Obwalden, Freiburg und Zürich übernahmen den Satz der Musterstellungnahme der SBBK eins zu eins, obwohl die Schulen die
Abschaffung in ihren Kantonen teils Mehrheitlich ablehnen.
«Die Vereinfachung des Qualifikationsverfahrens durch die Reduktion der Prüfungsformen wird begrüsst.»
Der Ergebnisbericht ist abzuwarten.