IN KÜRZE: An den Berufsfachschulen sollte kompetenzorientiert unterrichtet und geprüft werden. Die Umsetzung dieses Grundsatzes stellt allerdings hohe Ansprüche, vor allem im Bereich des Prüfens. Beim Thema Kompetenzorientierung geht es im Kern um die Frage, in welchem Verhältnis „Wissen und Können“ zueinander stehen und welche Konsequenzen daraus folgen.
Kompetenzbegriff im Rahmenlehrplan
Der aktuelle Rahmenlehrplan definiert in seinem Glossar die Allgemeinbildung als die «Vermittlung grundlegender Kompetenzen zur Orientierung im persönlichen Lebenskontext und in der
Gesellschaft sowie zur Bewältigung von privaten und beruflichen Herausforderungen» (RLP, S. 25).
Der Begriff "Kompetenz" erscheint im aktuellen Rahmenlehrplan (RLP) rund 59 mal und stützt sich dabei nicht auf einem bestimmten Kompetenzmodell ab. Der Begriff wird
jedoch im Glossar erklärt. Darin ist zu entnehmen: Kompetenz ist «die Summe des Wissens, der Fertigkeiten, der
Fähigkeiten, Eigenschaften oder Haltungen, die es ermöglichen, Anforderungen in komplexen Situationen adäquat zu bewältigen» (RLP, S. 25). Ebenfalls führt der RLP den Begriff der Handlungskompetenz ein. Dieser steht für die Gesamtheit aller Kompetenzen und soll somit die Verbindung zwischen Wissen und Können herstellen.
Herausforderungen im Umgang mit der Begrifflichkeit
Bis heute gibt es unter den Wissenschaftlern noch keinen Konsens darin, was unter dem Begriff zu verstehen ist. Der Begriff besitzt eine grosse Unschärfe. Für das Konzept «Kompetenz» existieren verschiedene Kompetenzmodelle.
Die im Rahmenlehrplan aufgeführte Definition kommt Franz Weinerts Definition, welche sich in der Schweizer Bildungslandschaft als gängigste Begriffsbestimmung durchgesetzt hat, sehr nahe. Nach Weinert sind Kompetenzen die «bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können» (Weinert 2001, S. 271).
Kompetenz ist nach diesem Verständnis eine Disposition, die Personen befähigt, bestimmte Probleme erfolgreich zu lösen. Die jeweilige Kompetenz wird nach Weinert von den folgenden unterschiedlich stark ausgeprägten Facetten bestimmt:
Einigkeit besteht bei der Kompetenzorientierung darin, dass es um Anwendung und Kombination von Kenntnissen, Fertigkeiten und Haltungen zur Bewältigung von herausfordernden
beruflichen und privaten Situationen geht. Dabei können allerdings nur Ressourcen kombiniert werden, die auch vorhanden sind.
Ohne Inhalte keine Kompetenzförderung - wie Lernen zu Können führen soll
Kompetenz ist an eine Situation verknüpft. Das bedeutet, dass eine Person als kompetent gilt, wenn sie aktiv zur Lösung eines Problems oder einer Aufgabe beiträgt. Die Bedeutung
des Faktenwissens als Ressource nimmt in einem kompetenzorientierten Unterricht ab, bleibt jedoch weiterhin wichtig. Um den Anforderungen der jeweiligen Situation gerecht zu werden, müssen
kompetente Personen und Fachleute nicht nur geeignete Tools und Hilfsmittel verwenden, sondern auch ihre eigenen Ressourcen einbringen: Wissen, Fertigkeiten und Haltungen. Dabei können
allerdings nur Ressourcen kombiniert werden, die auch vorhanden sind.
Häufig wird Kompetenzorientierung mit bestimmten Unterrichtsmethoden gleichgesetzt, etwa offenem Unterricht oder individualisierenden Lernarrangements, was jedoch kritisch betrachtet werden muss, da es noch an Forschung fehlt, die auf die Frage fokussiert, wie Unterricht weiterentwickelt werden muss, damit Kompetenzentwicklung funktioniert, und wie geeignete Unterrichtsmaterialien gestaltet sein müssen, um individuelle Förderung zu ermöglichen.
Aus kompetenzorientierten Zielvorgaben für Unterricht lassen sich keine allgemeinen Schlussfolgerungen darüber ableiten, wie der Unterricht zu gestalten ist. Ohne Inhalte jedoch lassen sich
Kompetenzen weder entwickeln noch nutzen.
Insgesamt steht es für den Allgemeinbildenden Unterricht ausser Frage, dass dieses Fach den Lernenden nicht nur Wissen vermitteln, sondern sie auch in die Lage versetzen soll, ihr
Wissen angemessen zu nutzen.
Eine Herausforderung scheint darin zu liegen, das Konzept von Kompetenzorientierung für den ABU noch klarer zu definieren. Lehrkräfte für den Allgemeinbildenden Unterricht sollten eine Didaktik anwenden, bei der Lernen anhand realer Situationen, Fallbeispiele und konkreter Aufgabenstellungen erfolgt.
Kompetenzorientiert prüfen
Im «Handbuch Prozess der Berufsentwicklung» des SBFI wird der Grundsatz der Kompetenzorientierung betont. Daher sollten auch Lernkon-trollen im allgemeinbildenden und berufskundlichen Unterricht
komp-etenzorientiert gestaltet sein. Das gilt für einzelne Lernkontrollen und für umfassendere Verfahren, für formative Tests wie für Lehrabschlussprüfungen.
Im kompetenzorientierten Prüfen besteht eine weitere Heraus-forderung, da es oft gilt eine komplexe Problemsituation zu konstruieren, die nicht zu viel Fachwissen und Text enthält, sodass die Lesekompetenz und das Vorwissen nicht zu stark ins Gewicht fällt.
Gute kompetenzorientierte Aufgabestellungen...
Es ist erforderlich, gute Aufgabenpools im Sinne von "best practice" zu erstellen.
Quellen:
https://www.bildungschweiz.ch/detail/eine-kompetenz-ist-an-konkrete-inhalte-gebunden
https://www.ehb.swiss/sites/default/files/downloads/panorama_2-2018.pdf
https://berufsbildung2030.ch/images/pdf_de_en/Table_Ronde_Berufsentwicklung_Prozess_Berufsentwicklung.pdf